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Pharma 4.0 effektiv implementieren

22nd November 2022
Updated 22nd November 2022

Vorbereitung auf die Zukunft der pharmazeutischen Produktion

Mit Hilfe von Industrie-4.0-Anwendungen können Unternehmen ihre Fertigungsprozesse schneller, flexibler, stärker integriert und produktiver gestalten. Aber trotz der enormen Vorteile wird die Einführung neuer Industrie-4.0- oder Pharma-4.0-Lösungen in (bio)pharmazeutischen Produktionslinien oft als eine besondere Herausforderung wahrgenommen. Dabei können Unternehmen im Pharmasektor mit den richtigen fortschrittlichen Digitaltechnologien Hindernisse aus dem Weg räumen und von den Vorteilen profitieren.

Martin Gadsby, Director bei Optimal Industrial Technologies, erläutert die wichtigsten Möglichkeiten von PAT im digitalen Zeitalter und wie sie realisiert werden können.

Die Zukunft der Fertigung ist digital, und einige Industriezweige sind in ihrer digitalen Transformation bereits weit fortgeschritten. Zwar gehören die Prozessindustrie und die pharmazeutische Produktion nicht zu den Pionieren dieses Trends, doch auch hier bergen digitale Technologien für Pharma-4.0-Anwendungen erhebliches Optimierungspotenzial. Sie unterstützen Innovationen, die die Produktivität und Effizienz elementarer Prozesse steigern und sie gleichzeitig zukunftssicher machen. Die große Bandbreite der verfügbaren Automatisierungslösungen eignet sich für eine Vielzahl von Situationen, um unterschiedliche Ziele zu erreichen. Das bedeutet, dass Pharmaunternehmen mit Zuversicht in die digitale Transformation einsteigen können, um ihre dringlichsten Anforderungen zu erfüllen oder die wichtigsten Anwendungen zu modernisieren.

Auch wenn es eine Vielzahl von Technologien gibt, verlangen die meisten von ihnen ein fortschrittliches, qualitätskonformes PAT-Framework für die Implementierung. Prozessanalytische Technologie (PAT) ist ein auf Quality by Design (QbD) basierendes Konzept, dass das Potenzial von Daten nutzt, um Produkte von gleichbleibender und hoher Qualität hervorzubringen.

Konkret beruht diese smarte Fertigungsstrategie auf der frühzeitigen Charakterisierung und Analyse von Rohstoffen und Stoffen im Prozess durch Messung ihrer kritischen Qualitätsattribute (Critical Quality Attributes, CQA). Diese werden dann mittels kritischer Prozessparameter (Critical Process Parameters, CPP) gesteuert, um die optimalen Betriebsbedingungen zu definieren und in Echtzeit nachzuregeln. Somit unterstützt PAT eine hohe Prozesstransparenz sowie datenbasierte Steuerung und legt gleichzeitig die Grundlage für Qualitätssicherung, kontinuierliche Prozessverifizierung sowie die Verfolgung und Rückverfolgung (Tracking und Tracing) von Material.

Revalidieren oder nicht revalidieren?

Bei der Evaluierung eines geeigneten Automatisierungsprojekts gilt es frühzeitig zu prüfen, ob der Prozess einer Revalidierung bedarf. Ist dies der Fall, muss ermittelt werden, ob und inwieweit die Kapitalrendite (Return on Investment, ROI) des Gesamtprojekts, einschließlich etwaiger Revalidierungskosten, den Unternehmenszielen entspricht.

Selbst wenn eine Revalidierung nicht infrage kommt oder der ROI nicht attraktiv genug ist, können Pharmaunternehmen mithilfe digitaler Technologien und PAT-ähnlicher Umgebungen die Offline-Qualitätskontrolle im Labor optimieren. Diese Aufgaben haben in der Regel einen erheblichen Anteil an den Zykluszeiten und sind zunehmend personalintensiv. Bei typischen mittelständischen Unternehmen, die diverse OSD-Produkte für kleine Märkte herstellen, entfällt schätzungsweise etwa die Hälfte der Zykluszeiten auf die erforderlichen Qualitätskontrollen [1].

Gezielte Automatisierung kann die mit diesem QK-Aufwand verbundenen Stillstandszeiten reduzieren und auf diese Weise das Tempo und die Produktivität des gesamten Produktionsprozesses steigern. So können beispielsweise Roboter die Tests beschleunigen, indem sie repetitive Aufgaben wie die Entnahme von flüssigen oder festen Proben und deren Transport zu den Offline-Testeinrichtungen übernehmen. Dort können die Proben dann automatisch vorbereitet und analysiert werden. Darüber hinaus empfiehlt sich die Implementierung von Serialisierungs- und Datenverwaltungssystemen. So entstehen moderne Datenspeicher, die die Datenintegrität für das Tracking und Tracing von Materialien gewährleisten.

Wie das erste Projekt zur digitalen Transformation ermitteln?

Sobald das Umfeld, in dem digitale Technologien eingesetzt werden sollen, feststeht – also F&E-, Produktion oder Testeinrichtungen – sollten die Ziele definiert werden. Dies erleichtert die Auswahl geeigneter Lösungen.

Ein Erfolgsfaktor bei der Einführung von PAT und digitalen Technologien ist Nachhaltigkeit. Das bedeutet, dass die Unternehmen mit kleinen Projekten anfangen sollten, idealerweise dort, wo bereits ein gewisses Prozessverständnis vorhanden und klar ist, wie sich dieses optimieren lässt. Darüber hinaus wird allgemein empfohlen, PAT und datengesteuerte Lösungen zunächst nur zur Überwachung von Prozessen einzusetzen, ohne Steuerungs- oder Regelfunktionen. Dies trägt zur Vereinfachung der Projektanforderungen und Rationalisierung der Umsetzung bei, während gleichzeitig Erkenntnisse über CQA, CPP und den gesamten Produktionsprozess gesammelt werden.

Nachdem die Überwachungsaufgaben optimiert sind, kann das Pharmaunternehmen prüfen, ob die Produktion darüber hinaus von automatisierten, qualitätszentrierten Steuer- und Regelstrategien profitieren kann. Dabei ist die automatisierte Erstellung von Steuer- und Regelmodellen meist sehr kosteneffizient, bedeutet aber auch Verzicht auf einen Zuwachs an Prozesswissen.

Identifizierung und Implementierung ergänzender Technologien

Ist die grundlegende Arbeit erst einmal getan, sollten die Unternehmen diejenigen Technologien ermitteln, die PAT in ihren Anwendungen sinnvoll ergänzen. Wenn es um die Optimierung von Produktionsprozessen geht, ist beispielsweise die Sterilfertigung eine interessante Option. Hier können Roboter eingesetzt werden, die einer Steuer- und Regelautomatik gehorchen.

Auch Tracking und Tracing von Materialien in kontinuierlichen Verarbeitungsprozessen können von einer effektiven und präzisen dynamischen Flussmodellierung stark profitieren. So können Produktbewegung in den Prozessen überwacht, Probenahme- und Ablehnungssysteme koordiniert und Rohstoffe in den Endprodukten identifiziert werden. Folglich unterstützt die dynamische Flussmodellierung die automatisierte Prozesslenkung als Fundament der guten Herstellungspraxis (Good Manufacturing Practice, GMP), der Qualitätssicherung und der Compliance-Strategien. Da kontinuierlichen Verarbeitungsprozesse und Flow Chemistry sich immer stärker durchsetzen, müssen PAT-Wissensmanagement-Plattformen über fortschrittliche mathematische Vorhersagemodelle verfügen, die mit umfangreichen empirischen Daten kombiniert werden, um Produkt- und Materialbewegungen genau vorherzusagen.

Bei komplexen Prozessen können moderne Datenverarbeitungsstrategien eine solide Grundlage für eine effektive Steuerung darstellen. Insbesondere die multivariate Steuerung, d. h. die Fähigkeit, mehr als einen CPP in gegenseitiger Abstimmung zu manipulieren, um den gewünschten CQA-Wert zu steuern, ist sehr wertvoll. Es ist möglich, eine solche Funktionalität mit automatischer intelligenter Steuerung (Automated Intelligent Control, AIC) zu modellieren, wobei der Steuerungsalgorithmus automatisch abgeleitet wird und die optimalen CQA-Werte angibt, die erreicht werden sollen. Mit dieser Art der multivariaten Steuerung lassen sich die CPP nicht nur so nahe wie möglich an ihren Sollwerten halten, sondern auch ein CQA-Wert von seinem aktuellen Zustand in den gewünschten Zustand bringen. Letzten Endes können (bio)pharmazeutische Hersteller hiermit ihre Prozesse flexibler und anpassungsfähiger gestalten und gleichzeitig die Qualität des Endproduktes sowie die Prozesseffizienz verbessern.

Und nicht zuletzt ist eine gemeinsame Plattform, die alle Herstellstandorte mit einer sicheren Cloud-basierten Umgebung nutzen, ideal, um für Konsistenz zwischen diesen Werken bzw. F&E-Labors zu sorgen. Dieses Konzept eignet sich auch für Big Data Analytics und Data Mining für komplexere PAT-Anwendungen. Vor allem sorgt Cloud Computing für Interkonnektivität und nahezu unbegrenzten Speicherplatz sowie Rechenleistung für die Datenverarbeitung nach Bedarf. Die gemeinsame Plattform ermöglicht es dabei, Wissen, „Orchestrations“, Modelle und geistiges Eigentum eines Standortes auf nachverfolgbare und GMP-konforme Weise mit anderen Standorten zu teilen.

Eine digitale Transformation, die für Ihr Unternehmen nachhaltig ist

Aufgrund der genannten Anforderungen sollten (bio)pharmazeutische Hersteller unbedingt ein PAT-Framework auswählen, das die entsprechenden digitalen Technologien unterstützen kann. Darüber hinaus gilt es, Analyseinstrumente und Lösungen für die Probenahme in die Überlegungen einzubeziehen. Insbesondere müssen diese Technologien in der Lage sein, zu einer zentralen PAT-Wissensmanagement-Plattform zu konvergieren, auf der alle generierten Daten und Informationen offengelegt, gespeichert, visualisiert und verarbeitet werden. Außerdem sollten sich Unternehmen beim Aufbau effektiver Pharma-4.0-Anwendungen nicht durch herstellerspezifische Komponenten einschränken lassen und unbedingt auf eine herstellerübergreifende und geräteunabhängige PAT-Wissensmanagement-Plattform setzen.

Auch muss die Kompatibilität für die gesamte Netzwerkinfrastruktur bewertet werden, insbesondere wenn unternehmensweite digitale Technologien zum Einsatz kommen. Sind IIoT-Applikationen geplant, bei denen die für die Fertigung typische Domäne der Operational Technology (OT) mit der Informationstechnologie (IT) übergeordneter Systeme verschmilzt, muss die PAT-Plattform in der Lage sein, beide Welten zu verbinden. In der Praxis bedeutet dies, dass die Software nahtlos mit Edge-Komponenten und anderen wichtigen Nodes, beispielsweise virtuellen Maschinen, zusammenarbeiten können muss.

Für Unternehmen, die Cloud Computing nutzen möchten, muss das PAT-Wissensmanagementsystem der Wahl natürlich auch den Datentransfer zu diesen Umgebungen unterstützen bzw. in diesen Umgebungen laufen. Hierbei ist darauf zu achten, dass die Informationen im Einklang mit den geltenden Vorschriften übermittelt werden. Die ideale Lösung muss somit den Vorschriften für Electronic Records / Electronic Signatures (ERES) entsprechen, wie beispielsweise EU-GMP-Anhang 11 und/oder 21 CFR Part 11 der U.S. Food and Drug Administration (FDA). Vor allem sollte, wenn Cybersicherheit oberste Priorität hat, das Übertragungssystem, das Informationen von einer PAT-Plattform in die Cloud übermittelt, auf „Push“-Methoden beruhen, da diese einen kontrollierten Zugriff unterstützen. Dabei werden Daten von jedem überwachten System in regelmäßigen Abständen an einen zentralen, Cloud-basierten Datenspeicher gesendet. Konkret verhindern Push-Architekturen, dass sich ein Netzwerk für Bereiche öffnet, die gesperrt sein sollten.

Unabhängig von den verwendeten Netzwerkkomponenten ist es wichtig, die Latenzzeit und die Zuverlässigkeit zu bewerten. Da PAT-gesteuerte Pharma-4.0-Anwendungen auf Echtzeit-Kommunikation mit Maschinen und Instrumenten in der Fertigung angewiesen sind, um ihre Abläufe im laufenden Betrieb nachzuregeln, müssen zeitkritische Daten zeitnah übertragen werden. Andernfalls können die Produktivität und die Qualität des Endprodukts in Mitleidenschaft gezogen werden, was letztlich den Nutzen digitaler Strategien schmälert.

Diese Herausforderung wird umso größer, je mehr Daten generiert werden und je leistungsfähiger moderne Analyse- und Vorhersagemodelle werden. Dank Schlüsseltechnologien wie Cloud Computing werden diese Lösungen immer präziser und verbreiteter. Schließlich bietet die Cloud nahezu unbegrenzten Platz für die Verarbeitung und Speicherung großer Datenmengen. Um Abläufe zuverlässig zu steuern, muss das Hauptaugenmerk jedoch weiterhin der Geschwindigkeit gelten. Hocheffiziente Netzwerke mit fortschrittlichen Kommunikationstechnologien sind daher ein wesentlicher Erfolgsfaktor für IIoT-Umgebungen für pharmazeutische Betriebe.

Und nicht zuletzt sollten Unternehmen, die ihre Fertigungslinien mithilfe von PAT digitalisieren möchten, nach einer Lösung Ausschau halten, die digitale Zwillinge erstellen kann, um Prozessabläufe in einer virtuellen Umgebung zu simulieren. Auf diese Weise lässt sich ohne ressourcen-, kosten- und zeitaufwändige physikalische Prozesse testen, ob die gewählten Bedingungen und Betriebsparameter effizient sind oder weiter verfeinert werden müssen. Dies kann äußerst hilfreich für die Inbetriebnahme sein, insbesondere bei komplexen Herstellungs- und Qualitätsvorhersagen, wie zum Beispiel Freisetzungsprognosen.

Über die Implementierung hinaus

Die Zukunft der pharmazeutischen Produktion liegt in den digitalen Technologien. Für die Akteure des Sektors empfiehlt es sich, mit deren Einführung zu beginnen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wichtig für den Erfolg ist zudem die Auswahl der am besten geeigneten Lösung, wie der PAT-Wissensmanagement-Plattform synTQ, und deren korrekte Implementierung. Durch Beachtung der obigen Empfehlungen und die Zusammenarbeit mit einem führenden Spezialisten wie Optimal können (bio)pharmazeutische Unternehmen ihre digitale Transformation zielgerichtet zum Erfolg führen und ihre Vorteile maximieren.

Literatur

[1] Cogdill, R.P. et al. (2007). The Financial Returns on Investments in Process Analytical Technology and Lean Manufacturing: Benchmarks and Case Study. J Pharm Innov 2, 38–50.

Image 1: Mindmap zur Bewertung der Vorteile von PAT und digitalen Technologien sowie der Auswirkungen der Revalidierung von Herstellungsprozessen in Pharmaunternehmen.

Image 2: Schlüsselelemente für erfolgreiche datengestützte Anwendungen auf der Grundlage von PAT.


Über Optimal Industrial Technologies Ltd

Innerhalb der Optimal-Group verfügen wir über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Automatisierung und Optimierung von Steuerungs- und Datenmanagementsystemen für die Bereiche Lebensmittel, Chemie, Pharma, Biotech, Life Sciences und andere Segmente der Prozessindustrie.

Der Druck auf die Hersteller, ihre Produkte schneller auf den Markt zu bringen, die Entwicklungs- und Produktionskosten zu minimieren und gleichzeitig die Produktqualität und die wirtschaftliche Nachhaltigkeit zu steigern, nimmt immer mehr zu. Unser primäres Ziel sind daher messbare Verbesserungen in all diesen Bereichen.

Neben der Praxiskompetenz in der Automatisierung und Systemintegration hat Optimal Industrial Technologies auch die weltweit führende PAT-Wissensmanagement-Softwareplattform synTQ® entwickelt, die bereits bei 60 % der weltweit führenden Pharma- und Biotech-Unternehmen im Einsatz ist und zunehmend Anwendung auch in anderen Prozessindustrien findet. synTQ hat sich als Erfolgsfaktor für Quality by Design (QbD) durch prozessanalytische Technologie (PAT) bewährt, indem es die Produktivität und Qualität erheblich steigert und zugleich Ausschuss sowie Time-to-Manufacture und Time-to-Market sowohl für Chargen- als auch kontinuierliche Prozesse reduziert.


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